Bei der Vielzahl von Lösungen für Kundendaten ist es nicht ganz leicht, den Überblick zu behalten. Besonders die neue Kategorie der Customer-Data-Plattformen (CDPs) stiftet Verwirrung unter Marketern. Denn es ist nicht immer einfach, klar zwischen einer CDP und anderen Lösungen zu unterscheiden.

Diese Einführung fasst die wichtigsten Unterschiede zwischen den gängigsten Systemen zusammen. Für alle, die noch nicht mit CDPs vertraut sind, haben wir eine Einführung in das Thema erstellt.

CDPs und DWHs

Im Gegensatz zu CDPs, die speziell für das Marketing ausgelegt sind, handelt es sich bei Data-Warehouses (DWHs) um Lösungen, die für das gesamte Unternehmen konzipiert sind. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Datenkonsolidierung und -standardisierung für die Business-Intelligence (BI). Dies beinhaltet die Analyse von Daten, Data-Mining, Reporting und mehr.

Allerdings kann ein DWH allein nicht alle Bedürfnisse eines Marketing-Teams erfüllen. DWHs sind zwar leistungsfähig, aber nicht für das Marketing optimiert. Durch ihre Spezialisierung auf BI haben DWHs Defizite in Bereichen, die für Marketer essenziell sind. Darunter fallen Kundensegmentierung, Echtzeit-Marketing und die Integration von Kanal-Tools zum Ausliefern von Nachrichten, wie weiter unten näher erläutert wird.

Segmentierung ist in einem DWH im Grunde möglich, aber mit hohem Zeitaufwand verbunden. Das liegt daran, dass normalerweise das IT-Team damit beauftragt werden muss, denn die Benutzung des DWH erfordert Programmierkenntnisse und die Ergebnisse sind nicht sofort verfügbar. Im Vergleich dazu bieten die meisten CDPs Features zur Kundensegmentierung, die von Marketern über eine visuelle Benutzeroberfläche direkt genutzt werden können. Dabei ist keine Hilfe vom IT-Team erforderlich und die Segmente und ihre Größen sind sofort verfügbar.

DWHs sind nicht dafür konzipiert, Echtzeit-Marketing zu unterstützen. Dies liegt daran, dass hier Daten vor allem retrospektiv analysiert werden. DWHs führen ETL-Prozesse (Extract, Transform, Load) aus, wodurch es zu einer signifikanten Latenz zwischen den getrackten Verhaltensdaten von Kunden und der Aktivierung dieser Daten durch Marketer kommt. Da CDPs für Echtzeit-Marketing optimiert sind, speichern und aktualisieren sie Verhaltensdaten in Echtzeit. Über eine visuelle Benutzeroberfläche haben Marketer sofort Zugriff auf diese Daten und können sie für die Automatisierung von Kampagnen nutzen.

DWHs können auch keine Lösungen für Engagement-Kanäle integrieren, die beispielsweise das Versenden von E-Mails, Push-Nachrichten, SMS oder anderen Nachrichten erlauben. Denn für klassische BI-Aufgaben sind diese Integrationen nicht erforderlich. Zudem wäre die Automatisierung dieser Lösungen durch ein DWH extrem aufwendig und kaum lohnenswert. Im Gegensatz dazu können CDPs Lösungen für Engagement-Kanäle integrieren, um gesammelte Daten sofort nutzbar zu machen. Einige CDPs bieten darüber hinaus Features zur kanalübergreifenden Orchestrierung und Automatisierung der genutzten Kanallösungen.

  DWH CDP
Verwen­dungs­zweck: Business Intelli­gence Kunden­bindung
Verwaltet von: Business Intelli­gence / IT CRM- / Marketing-Teams
Kunden­profile: Bekannt, detailliert Bekannt, detailliert
Echtzeit­fähigkeit: Nein Ja
Kampag­nen­ma­nagment Nein Ja
Offener Zugang für Dritt­systeme Ja, aber nicht Echtzeit Ja
Benutzer­ober­fläche: Nein Ja
Integration von Engagement-Lösungen: Nein Ja

 

Wie interagieren DWHs mit CDPs?

CDPs können sich mit DWHs integrieren und so Kundendaten aus dem DWH mit Daten aus anderen Quellen kombinieren, um 360-Grad-Kundenprofile zu erstellen.

CDPs und DMPs

Wie auch CDPs sind Data-Management-Plattformen (DMPs) für das Marketing konzipiert. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Verwendungszweck und ihrer Struktur.

DMPs ermöglichen Kundenakquise durch Ad-Targeting und sammeln temporäre, anonyme Cookies eines Drittanbieters. CDPs hingegen sind auf Kundenbindung ausgerichtet. Sie führen interne Bestandskunden-Daten aus unterschiedlichen Quellen in permanenten Kundenprofilen zusammen.

DMPs segmentieren anonyme Kunden auf ihrem Surfverhalten basierend. Durch Synchronisierung mit einer Demand-Side-Plattform (DSP) werden sie anschließend mit entsprechenden Anzeigen bespielt. CDPs segmentieren Kunden basierend auf einer Reihe von Attributen, darunter Kaufhistorie, demografische Daten, Kundenwert und mehr. Des Weiteren können sie Engagement-Lösungen integrieren und dadurch Kunden kanalübergreifend mit personalisierten Nachrichten ansprechen.

  DMP CDP
Verwen­dungs­zweck: Kunden­akquise Kunden­bindung
Verwaltet von: Display-Ads-Team CRM- / Marketing-Teams
Kunden­profile: Anonym Bekannt, detailliert
Echt­zeit­fähig­keit: Ja Ja
Daten­perma­nenz Temporär Permanent
Kunden­inter­aktion Programmatische Display-Ads via DSP Ja, durch Integration von Engagement-Kanälen

 

Wie interagieren DMPs mit CDPs?

CDPs können DMPs integrieren und sich den Cookie-Matching-Prozess zu Nutze machen. Cookie-Matching erlaubt es beiden Lösungen, denselben Nutzer zu identifizieren, und so die Qualität von programmatischer Werbung zu verbessern. Denn die Upper-Funnel-Daten einer DMP können mit den detaillierten Lower-Funnel-Kundendaten einer CDP angereichert werden.

Cookie-Matching ermöglicht einige spezielle Anwendungsfälle. Beispielsweise können durch die Integration beider Systeme unbekannte Nutzer identifiziert werden: Haben Nutzer sich zuvor auf einer Seite eingeloggt, so können Cookie-Daten bei einem erneuten Besuch ohne Login einem bestehenden Profil zugeordnet und der entsprechende Nutzer identifiziert werden. Ebenso erlaubt es die Synergie zwischen CDPs und DMPs, Gruppen von Bestandskunden von Kampagnen mit programmatischer Werbung auszuschließen. Damit kann verhindert werden, dass treue Kunden oder Kunden mit Abonnement exzessiv mit Werbung bespielt werden.

CDPs und CRM-Lösungen

Sowohl CDPs als auch Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRMs) sammeln Daten über Bestandskunden und erstellen permanente Kundenprofile. Sie unterscheiden sich jedoch in Funktionsweise und Verwendungszweck.

Die Hauptaufgabe einer CRM-Lösung ist es, eine Kundendatenbank primär mit grundlegenden Profildaten und persönlichen Kundeninteraktionen zu erstellen. Dies geschieht für Buchhaltungszwecke und soll vor allem die Arbeit des Sales-Teams erleichtern. Die Daten werden durch eine Kombination aus manuellen und automatisierten Prozessen eingepflegt. Die dabei entstehenden Kundenprofile sind keine detaillierten 360-Grad-Profile, da CRMs nicht alle Kundendaten erfassen. Die Hauptaufgabe einer CDP ist es, Kundendaten für Marketer zugänglich und für Marketing-Kampagnen nutzbar zu machen. Ermöglicht wird dies durch das automatisierte Sammeln von Daten und das automatisierte Anlegen von Kundenprofilen selbst bei riesigen Datenmengen.

CRMs bieten einige Möglichkeiten zur Automatisierung der Kundeninteraktion, aber sie werden hauptsächlich dazu genutzt, um die manuelle Interaktion mit dem einzelnen Kunden zu optimieren. Die einheitliche Datenbasis von CDPs sowie die Automatisierung verschiedener Kanäle ermöglicht eine konsistente und personalisierte Kundenansprache im großen Maßstab. Marketer können die sofort verfügbaren Daten über eine UI für die Kundensegmentierung und kanalübergreifendes Kampagnenmanagement nutzen.

  CRM CDP
Verwen­dungs­zweck: Buch­haltung / Kunden­bindung / Kunden­service Kunden­bindung
Verwaltet von: CRM- / Sales-Teams CRM- / Marketing-Teams
Kunden­profile: Bekannt, nicht detailliert Bekannt, detailliert
Echt­zeit­fähig­keit: Nein Ja
Kunden­inter­aktion Wenn ja, via system­eigenen E-Mail-Service Ja, durch Integration von Engagement-Kanälen
Segmentierung Teilweise Ja
Offener Zugang für externe Lösungen: Nein Ja
Lead-Management: Ja Nein
Verkaufs­prognose: Ja Nein

 

Wie interagieren CRMs mit CDPs?

CDPs können auch CRM-Lösungen integrieren und so Kundenprofile weiter anreichern.

Die Integration erlaubt interessante Anwendungsfälle. Ein Beispiel: Um einen verärgerten Kunden, der eine Beschwerde eingereicht hat, nicht noch mehr zu verstimmen, können laufende Kampagnen automatisch gestoppt werden. Wenn die Beschwerde im CRM-System markiert wurde, kann die damit verbundene CDP den Kunden solange von laufenden Marketing-Kampagnen ausschließen, bis sein Problem gelöst wurde. Zusätzlich kann im Anschluss auch eine Wiedergutmachungs-Kampagne eingesetzt werden, bevor die laufenden Kampagnen an den wieder zufriedenen Kunden ausgespielt werden.

CDPs und Marketing-Clouds

Was den Verwendungszweck betrifft, gibt es zwischen CDPs und Marketing-Clouds am wenigsten Unterschiede. Beide sind darauf ausgelegt, konsistentes, personalisiertes Marketing und CRM über alle Kanäle hinweg zu ermöglichen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Ansatz und ihrer Effektivität.

Marketing-Clouds streben es an, Komplettlösungen zu sein, und bringen ihre eigenen Tools für die Datensammlung und die Kundeninteraktion mit. Im Gegensatz dazu agiert eine CDP als Herzstück eines Tech-Stacks und orchestriert die Daten- und Engagement-Lösungen, die in einem Unternehmen bereits im Einsatz sind. CDPs ermöglichen einen Best-of-Breed-Ansatz, der es Marketern erlaubt, die besten oder am besten geeigneten Lösungen für jede Aufgabe zu integrieren.

Der „All-in-One-Ansatz“ von Marketing-Clouds bringt weitere Nachteile mit sich. Denn im Vergleich zum CDP-Modell mangelt es ihnen an Flexibilität. Die Features einer Marketing-Cloud werden entweder inhouse entwickelt oder es werden Lösungen von Drittanbietern akquiriert. Beides birgt folgende Probleme: Erstens sind intern entwickelte oder eingekaufte Tools nicht unbedingt die besten für die jeweilige Aufgabe. Es gibt möglicherweise aktuellere, oder auch einfach bessere Nischenlösungen auf dem Markt, mit denen die Marketing-Cloud nicht verbunden werden kann. Zweitens können Marketing-Clouds mit neuen Trends und der realen Marktdynamik nur schwer mithalten. Wenn neue Engagement-Kanäle aufkommen, müssen Marketing-Clouds entsprechende Tools von Grund auf neu entwickeln oder kostspielig akquirieren. CDPs hingegen haben die nötige Flexibilität, um die besten Lösungen auf dem Markt zu integrieren. Somit können Marketer von der Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der idealen Punktlösungen profitieren. CDPs können Tools für neue Kanäle integrieren, sobald diese verfügbar sind, und erlauben es Marketern, auf der Höhe der neuesten Marketing-Trends zu bleiben.

Ein weiteres Defizit der Marketing-Clouds liegt im Bereich des Echtzeit-Marketings. In den meisten Fällen ist die Dateninfrastruktur einer Marketing-Cloud nicht ausreichend, um Daten in Echtzeit zu streamen. CDPs nutzen Big-Data-Technologie, die Verhaltensdaten nahezu in Echtzeit verarbeiten. Dies ermöglicht es, den Kunden in Echtzeit mit Nachrichten anzusprechen, die genau auf seine Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Aufgrund des mangelnden Zugangs für Drittsysteme können Marketing-Clouds unter Umständen nicht alle theoretisch zur Verfügung stehenden Daten bei der Erstellung von Kundenprofilen berücksichtigen. CDPs können jede verfügbare Datenquelle integrieren und berücksichtigen.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, wie leicht die Systeme zu implementieren sind. Als Komplettlösung ersetzt eine Marketing-Cloud den gesamten Tech-Stack eines Unternehmens, was hohe Kosten und Risiken mit sich bringt. CDPs hingegen integrieren die bestehende Infrastruktur und orchestrieren Tools, die bereits im Einsatz sind. Das reduziert Risiko, Zeitaufwand und Kosten.

  Marketing-Cloud CDP
Verwen­dungs­zweck: Marketing-Komplett­lösung Kunden­bindung
Verwaltet von: CRM- / Marketing-Teams CRM- / Marketing-Teams
Kun­den­pro­file: Bekannt, eingeschränkt Bekannt, detailliert
Echt­zeit­fähig­keit: Nein Ja
Daten­infra­struktur: Eingeschränkt Flexibel
Kunden­inter­aktion Selbst entwickelte oder eingekaufte Lösungen Integration von Engagement-Lösungen
Implementierung: Ersetzen bestehenden Tech-Stack Integrieren vorhandenen Tech-Stack

 

Wie interagieren Marketing-Clouds mit CDPs?

Das Leistungsvermögen einer Marketing-Cloud kann durch die Integration mit einer CDP erhöht werden. Detaillierte Kundenprofile und Segmente werden von der CDP für die Marketing-Cloud bereitgestellt, was die Qualität der Datenbasis verbessert. Um mit den Kunden zu interagieren, werden die Engagement-Tools der Marketing-Cloud oder falls notwendig, auch weitere Tools, benutzt.

Mehr über die Synergien zwischen CDPs und Marketing-Clouds gibt es hier.

Fazit

CDPs sollten nicht als Alternative zu anderen Kundendaten-Lösungen angesehen werden, auch wenn Marketing-Clouds eventuell eine Ausnahme darstellen. CDPs fungieren vielmehr als Meta-Systeme, die andere Lösungen eines Tech-Stacks integrieren und orchestrieren, um holistische Kundenprofile zu generieren und eine konsistente Kundeninteraktion zu ermöglichen.

Noch mehr über die unterschiedlichen Marketing-Technologien gibt es im empfehlenswerten Vortrag von b.telligent über das MarTech-Ökosystem.