Eine Customer-Data-Plattform (CDP) bricht die Datensilos eines Unternehmens auf, indem sie Kundendaten aus verschiedenen Quellen beziehungsweise Kanälen zu vereinheitlichten Kundenprofilen zusammenführt. Die kombinierten Daten sind für Marketing-Teams direkt und ohne IT-Unterstützung nutzbar. Eine CDP integriert und orchestriert den für ein Unternehmen passendsten Marketing-Technologie-Stack und ermöglicht damit eine koordinierte und konsistente Kundenkommunikation über alle genutzten Kanäle. Auf diese Weise können Unternehmen ihre Kundenbindung stärken.

Warum CDPs entstanden sind

Die heutige Wirtschaft wird zu Recht als Plattformökonomie bezeichnet, da sie von großen Plattformen wie Amazon, Facebook und zahlreichen Vergleichsportalen dominiert wird. Diese Plattformen vereinnahmen den direkten Kundenzugang zu weiten Teilen. Unternehmen zahlen an die Plattformen und müssen ihre Konkurrenten für den direkten Kundenzugang überbieten – auch wenn sie ihre eigenen Kunden erreichen wollen.

Gleichzeitig erwarten Kunden zunehmend eine hochwertige und kanalübergreifende Personalisierung, wie sie es von den großen Plattformen gewöhnt sind. Die Kommunikation über alle Kanäle hinweg muss relevant und konsistent sein, um den Erwartungen der Kunden gerecht zu werden. Das war bisher für Unternehmen ohne riesige Budgets und die entsprechende Datenkompetenz nicht möglich. Obwohl es eine extrem breite Palette und Anzahl an Marketinglösungen (nach chiefmartech.com 7.040 im Jahr 2019) für eine wachsende Anzahl von Kanälen und Zwecken gibt, war es bis vor einigen Jahren nahezu unmöglich, diese aufeinander abzustimmen und effektiv zu nutzen. 

Die neue Softwarekategorie der Customer-Data-Plattformen (CDPs) bietet Marketern Lösungen für die genannten Herausforderungen. CDPs ermöglichen orchestriertes kanalübergreifendes Marketing und CRM in Echtzeit, das auf individuelle Kundenpräferenzen und -erwartungen abgestimmt ist. CDPs helfen beim Aufbau und Erhalt direkter Kundenbeziehungen und wirken so der Margenverschiebung hin zu den Plattformen entgegen.

Was ist eine CDP?

Das Customer Data Platform Institute, das den Begriff „Customer Data Platform“ geprägt hat, definiert eine CDP als „gebündelte Software, die eine persistente, einheitliche Kundendatenbank erstellt, die für andere Systeme zugänglich ist“.

Schauen wir uns in aller Kürze die einzelnen Teile der Definition an:

Gebündelte Software: CDPs sind vorgefertigte Systeme, die so konfiguriert werden, dass sie die individuellen Anforderungen eines Unternehmens erfüllen. CDPs bieten Marketern eine visuelle Benutzeroberfläche, sodass sie ohne Programmierkenntnisse beziehungsweise Support aus der IT genutzt werden können. 

Persistente und einheitliche Datenbank: CDPs sammeln Daten (wie Verhaltensdaten, grundlegende Profildaten oder transaktionale Daten) aus jeder angebundenen Datenquelle und führen sie zu umfassenden Kundenprofilen zusammen. Diese Profile werden in Echtzeit aktualisiert und so lange gespeichert, wie sie benötigt werden.

Zugriff für andere Systeme: CDPs ermöglichen den Zugriff auf die gesammelten Kundendaten für Drittsysteme. So verbinden CDPs ansonsten getrennte Lösungen zu einem integrierten System. Alle Datenquellen (wie Data Warehouses, CRM- und Shopsysteme oder Tracking-Lösungen) und alle Kanal-Tools für die Nachrichtenzustellung (wie ESPs oder Lösungen für Push-Benachrichtigungen, Social Media oder digital gestützten Briefversand) können sich über APIs oder Webhooks mit der CDP verbinden.

Infrastruktur einer Customer-Data-Plattform

Eine CDP liegt als „Meta-System“ auf der bestehenden Infrastruktur eines Unternehmens, ohne diese zu ersetzen, und wird so zum Kernstück des gesamten MarTech-Stacks. Marketer nutzen ihre bestehenden Lösungen weiter, nur dass diese durch die CDP orchestriert werden: Die von einem Unternehmen genutzten Lösungen für Engagement-Kanäle haben Zugriff auf die gleiche Datenbasis und sind so aufeinander abgestimmt. Dies ermöglicht ein kanalübergreifendes Kampagnenmanagement: Die gesamte Kundenhistorie sowie das aktuelle Verhalten eines jeden Kunden wird bei automatisierten und personalisierten Kampagnen berücksichtigt.

Durch ihre offene Architektur ermöglichen CDPs einen integrierten „Best-of-Breed-Ansatz“ – das heißt, die Integration von Lösungen, die in ihrer jeweiligen Kategorie die besten oder für das jeweilige Unternehmen am besten geeignet sind. Dies können Kanal-Lösungen, Datenbanken sowie Analyse- oder auch Machine-Learning-Lösungen sein.

 

CDPs können Funktionen in u.a. folgenden Bereichen umfassen:

  • 360-Grad-Kundenprofile
  • Features zur Kundensegmentierung
  • Analytics-Funktionen
  • Kanalübergreifendes Kampagnenmanagement und Automatisierung
  • Funktionen für Templating und Personalisierung

CDPs in der Praxis: Ein Beispiel

Die Zusammenführung von Daten zu 360-Grad-Kundenprofilen sowie deren Bereitstellung für Drittsysteme ist die Kernfunktion einer jeden CDP. So ermöglichen CDPs die Aktivierung von Kundendaten für eine effektive Kundenbindung. In der Praxis ist der erste Schritt in der Regel die Definition einer Zielgruppe durch Kundensegmentierung. Diese kann auf allen erfassten Daten erfolgen, wie beispielsweise:

  • Transaktionsdaten (z.B. Bestellhistorie) 
  • Verhaltensdaten (z.B. Website-/App-Nutzung oder Response-Daten)
  • Grundsätzliche Kundendaten(z.B. soziodemografische Daten oder Kontaktdaten)
  • Psychographische Daten(z.B. Emotionen, Einstellungen oder Überzeugungen)
  • Und jede Kombination dieser Daten.
Erstellen von Nutzersegmenten

Das obige Diagramm zeigt schematisch ein Beispielsegment, das durch die Definition von Konditionen auf Grundlage verschiedener Datentypen erstellt wird. Das resultierende Segment umfasst ausschließlich Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die im letzten Jahr ein Produkt gekauft und im letzten Monat einen Newsletter geöffnet haben.

Im zweiten Schritt wird das Segment mit einer maßgeschneiderten Kampagne und entsprechend personalisierten Inhalten angesprochen. Da die Daten in Echtzeit verfügbar sind, können Kampagnen auch das aktuelle Nutzerverhalten als Echtzeit-Trigger nutzen, um bestimmte Nachrichten auszuspielen oder auch Onsite-Personalisierungen auf der Unternehmenswebsite umzusetzen.

Hier eine Beispiel-Kampagne für das zuvor erstellte Segment:

Beispielkampagne einer Customer-Data-Plattform
  • Eine auf das Segment zugeschnittene E-Mail-Kampagne mit einer personalisierten Ansprache für jeden Kunden wird an das Segment versendet.
  • Wenn der Link in der E-Mail geöffnet wird, wird die Kundin auf eine personalisierte Website geleitet, die auf der Grundlage der Bestellhistorie und des bisherigen Verhaltens auf der Website des Unternehmens personalisiert wird.
  • Wird der Link nicht geklickt, wird ein Gutschein erstellt, dessen Wert mit dem CLV (Customer Lifetime Value) der Kundin korreliert.
  • Eine personalisierte Nachricht wird über den am besten geeigneten Kanal gesendet, wobei die Verfügbarkeit der Kanäle, die Kanalkosten und der CLV berücksichtigt werden.
  • Die Verhaltensdaten der Kundin werden dabei durchgehend aktualisiert.

Dieses Beispiel zeigt nur einige der vielen Möglichkeiten, die CDPs bei der Erstellung von Cross-Channel-Kampagnen zu bieten haben. Mit einer CDP sind Marketer in der Lage, auch deutlich komplexere Segmente und Kampagnen zu erstellen.

Verschiedene Arten von CDPs

Trotz der grundlegenden Gemeinsamkeit, Kundendaten zusammenzuführen und für andere Systeme bereitzustellen, unterscheiden sich CDPs oft in ihrem Funktionsumfang, wenn es um Datenaggregation, Analyse, Kampagnenmanagement, Automatisierung und andere Features geht. Die folgende Grafik zeigt eine schematische Kategorisierung verschiedener CDP-Typen, wie sie das Customer Data Platform Institute vorschlägt.

Kategorisierung von Customer-Data-Plattformen

Data/Access CDPs sind in der Lage, Daten zu kombinieren und anderen Systemen zur Verfügung zu stellen. Dies sind die notwendigen Basisfunktionalitäten, um entsprechend des Customer Data Platform Institute als CDP zu gelten.

Analytics CDPs umfassen alle Funktionen die Data-CDPs abdecken und bieten darüber hinaus Analytics-Funktionen an. Zu diesen zählt das Customer Data Platform Institute in der Regel Funktionen zur Kundensegmentierung und manchmal auch Prediction- oder Attributionsmodelle. 

Engagement/Campaign CDPs verfügen über alle Funktionen von Daten- und Analytics-CDPs. Darüber hinaus bieten sie Funktionen für kanalübergreifendes Kampagnenmanagement, mit denen sich Customer-Journeys automatisieren und personalisieren lassen.

Neben dieser generellen Aufteilung verschiedener CDP-Typen, gibt es auch CDPs, die sich auf bestimmte Branchen und entsprechende Anwendungsfälle spezialisiert haben – beispielsweise für E-Commerce, Versicherungen oder Finanzdienstleistungen.

RealCDP Verification

Der CDP-Markt ist in den letzten Jahren rasant gewachsen: Nachdem der CDP-Begriff 2013 vom Customer Data Platform Institute das erste Mal verwendet wurde, erreichte die Softwarekategorie 2017 die Spitze des Gartner Hype Cycles.

Aufgrund der initial unklaren Definition und des gleichzeitigen Booms der Kategorie, wurde und wird oftmals mit der Kennzeichnung „CDP“ geworben, obwohl die Kernfunktionalitäten einer Customer-Data-Plattform nicht abgedeckt sind. Laut einem Bericht der Winterberry Group aus dem Jahr 2019 sind über 80 Prozent der als CDP beworbenen Lösungen falsch gekennzeichnet.

Vor diesem Hintergrund hat das Customer Data Platform Institute ein Framework zur Verifizierung entwickelt und zertifiziert nur Produkte als echte CDP („RealCDP“), wenn sie die folgenden Kriterien erfüllen können:

RealCDP CDP Institute Badge
  • Daten aus beliebigen Quellen aufnehmen
  • Alle Details dieser Daten erfassen
  • Daten auf unbestimmte Zeit speichern
  • Einheitliche Profile von identifizierten Personen erstellen
  • Daten mit jedem System teilen

Welche Unternehmen brauchen eine Customer-Data-Plattform?

Ist ein Geschäftsmodell nicht gleich ab dem Erstkauf profitabel, sind Wiederholungskäufe und damit die Kundenbindung eine Notwendigkeit und das Bestandskundenmanagement sollte im Fokus liegen. Wechselkosten sind der Haupttreiber der Kundenbindung und ob eine CDP die richtige Wahl für ein Unternehmen ist, hängt davon ab, welche Wechselkosten es erzeugen kann. Wechselkosten sollten hierbei nicht nur unter wirtschaftlichen, sondern auch unter beziehungsbezogenen Gesichtspunkten betrachtet werden: als Identifikation, Beziehung und Bindung zwischen Kunden und einer Marke. In ihrem Artikel aus dem Jahr 2003 „Consumer Switching Costs: A Typology, Antecedents, and Consequences“ identifizieren Burnham, Frels und Mahajan drei Säulen der Wechselkosten: prozessuale, finanzielle und relationale Wechselkosten.

Prozessuale Wechselkosten sind der entstehende Aufwand beim Anbieterwechsel, wie etwa durch Risiko-, Bewertungs- oder Setup-Kosten, aber auch Recherchearbeiten oder Lernphasen. Der Wechsel von Apple zu Android würde beispielsweise hohe prozessuale Wechselkosten bedeuten.

Finanzielle Wechselkosten sind monetäre Verluste oder der Verlust bestimmter mit dem Anbieter oder Produkt verbundener Vorteile. Wer seinen Mobilfunkanbieter lange vor Laufzeitende wechseln will, hat beispielsweise hohe finanzielle Wechselkosten – Gleiches gilt für Kredite.

Relationale Wechselkosten sind der Verlust der Beziehung zu einer Marke oder auch persönlicher Beziehungen zu den Mitarbeitern eines Anbieters. Wenn Kunden mit einer Marke gute Momente erlebt haben, herausragenden Service erfahren oder die Marke einfach besonders gut zu ihrem Lifestyle passt, entstehen relationale Wechselkosten. Kann ein Geschäftsmodell beziehungsweise Produkt keine prozessualen oder finanziellen Wechselkosten generieren, bleiben nur relationale Wechselkosten als Treiber der Kundenbindung. Genau hierbei helfen CDPs. Denn eine auf individuelle Kundenbedürfnisse und -erwartungen abgestimmte Kommunikation stärkt die Beziehung von Kunden zu einem Unternehmen. Schaffen es Unternehmen, relevante Nachrichten im richtigen Moment über den richtigen Kanal auszuspielen und die Kommunikation konsistent zu gestalten, steigert dies die Zufriedenheit und letztlich die Loyalität der Kunden.

Ist ein Geschäftsmodell nicht vom Erstkauf an profitabel und können nur relationale Wechselkosten erzeugt werden, ist der Einsatz einer CDP zur Kundenbindung sinnvoll.

Doch auch wenn ein Geschäftsmodell ab dem Erstkauf profitabel ist und prozessuale oder finanzielle Wechselkosten erzeugt werden können, kann der Einsatz einer CDP Vorteile bieten. Denn eine umfassende Sicht auf einzelne Kunden bietet wertvolle Einblicke in den Kundenstamm, die beispielsweise zur Optimierung der Neukundengewinnung beitragen können. Zudem können generierte relationale Wechselkosten die Kundenbindung weiter stärken.

Auswahl der passendsten CDP

Bevor der Markt analysiert und sich für einen Anbieter entschieden wird, sollten Unternehmen eine klar definierte Strategie entwickeln und eine Organisationsstruktur aufbauen, die der Nutzung einer CDP gerecht wird. Mit Blick auf die Strategie sollte Klarheit darüber herrschen, welche Zielgruppen über welche Kanäle erreicht werden sollen und welche Datenpunkte für kanalübergreifende Kampagnen mit personalisierten Inhalten benötigt werden. 

Organisatorisch müssen für die Nutzung einer CDP Team-Silos durch übergreifende Rollen wie der des Audience Managers aufgebrochen werden. Auch eine dedizierte Position für die Bewertung, Auswahl und Pflege des MarTech-Stacks setzt sich zunehmend in modernen Marketingabteilungen durch.

Stehen mit der Strategie und Organisation die ersten beiden Säulen, kann mit der Suche nach dem passenden Anbieter begonnen werden. Um eine Vorauswahl an Anbietern zu treffen, sollte der Funktionsumfang entsprechend der Anforderungen der Strategie analysiert und bewertet werden. Dabei sollten notwendige Features, die einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, höher gewichtet werden als andere. Beim Vergleich des Funktionsumfangs verschiedener CDP-Anbieter empfiehlt es sich, ein einheitliches RFP-Template zu verwenden.

Ein guter Ausgangspunkt für Recherchen ist beispielsweise der Anbietervergleich des Customer Data Platform Institute. Auch das Marktforschungsinstitut Gartner verschafft in seinen Analysen einen guten Überblick über den Status quo der Technologielandschaft und identifiziert gleichzeitig neue Trends und Entwicklungen. Auch die Berichte von Forrester liefern hier gute Einblicke. Zudem können natürlich auch passende Beratungsfirmen oder Agenturen zu Rate gezogen werden.

Nachdem es einige Anbieter in die engere Auswahl geschafft haben, sollten Produktdemos vereinbart werden, wobei darauf zu achten ist, dass die Vergleichbarkeit sichergestellt wird – dass also beispielsweise die gleichen Anwendungsfälle abgedeckt werden und die reale Infrastruktur berücksichtigt wird. Neben funktionellen Aspekten sollten natürlich auch Preismodelle und Serviceleistungen in den Vergleich einfließen. 

Fazit

Die Plattformökonomie macht eine effektive Kundenbindung für viele Unternehmen unabdingbar. CDPs helfen durch eine bessere Kauferfahrung die Loyalität bestehender Kunden zu steigern, den CLV zu erhöhen und so die Profitabilität zu steigern. Durch den Aufbau und Erhalt direkter Kundenbeziehungen können Unternehmen sich einen Teil der Margen zurückholen beziehungsweise sichern, den sie andernfalls an die Plattformen verlieren. CDPs geben Marketing-Teams die Möglichkeit, effektiv mit Kunden zu kommunizieren und sie durch die generierten relationalen Wechselkosten zu binden.

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