Was ist eine Customer-Journey? Wie hat sich das Konzept der Customer-Journey verändert? Und wie können Marketer sie aktiv gestalten und dadurch die Kundenbindung stärken?

Was ist die Customer-Journey

Die Customer-Journey ist die Summe der Touchpoints, die Kunden mit einer Marke haben, bevor es zu einer Conversion kommt. Jede Customer-Journey ist also individuell – gerade heutzutage, wo Kunden auf einer Vielzahl an Kanälen mit Marken interagieren.

Conversion als Ziel jeder Customer-Journey

Während der Kauf eines Produktes oder Services die Macro-Conversion einer jeden Customer-Journey ist, gibt es auf dem Weg dorthin viele andere Interaktionen mit einer Marke. Dabei gibt es zwei grundsätzliche Arten dieser sogenannten Micro-Conversions:

  • Prozessmeilensteine sind alle Interaktionen, die direkt auf die Macro-Conversion – also den Kauf – einzahlen wie beispielsweise das Besuchen einer Produktseite oder das Hinzufügen eines Produktes zum Warenkorb.
  • Sekundäre Aktionen sind Micro-Conversions, bei denen es keinen unmittelbaren Bezug zum Kauf eines Produktes gibt, die aber ein Interesse oder eine gewisse Haltung zur Marke offenbaren. Dies kann beispielsweise konsumierter Content sein oder auch die Bewertung eines zuvor gekauften Produktes.
Micro-Conversions sind die Wegmarken der Customer-Journey – auch wenn diese nicht immer unmittelbar auf den Kaufprozess einzahlen. Jedem Touchpoint lässt sich im Grunde mindestens eine Micro-Conversion zuordnen. Die kundenzentrierte Gestaltung dieser Touchpoints bietet Kunden eine flüssige Kauferfahrung und erhöht die Wahrscheinlichkeit der Macro-Conversion. Denn neben technischen Hygienefaktoren ist es für eine gute User-Experience entscheidend, dass Informationen im richtigen Moment und Kontext zugänglich sind sowie dass Messaging und Angebote auf individuelle Kundenbedürfnisse eingehen.

Die Customer-Journey im Vergleich zum Customer-Lifecycle

Das Konzept des Customer-Lifecycles versucht das gesamte Kundenleben abzudecken und umfasst dabei eine Vielzahl an möglichen Customer-Journeys. Der Customer-Lifecycle wird in verschiedene Phasen eingeteilt, die das Verhältnis von Kunde und Marke widerspiegeln. Eine mögliche Aufteilung wären etwa die Phasen Engagement, Retention, Recovery und Advocacy, wobei jede Phase spezifische und allgemeine Touchpoints und Kampagnen umfasst, die in einer Customer-Journey durchlaufen werden können. Zu Beginn des Customer-Lifecycles gibt es beispielsweise Willkommenskampagnen, die Bestandteil einer Customer-Journey nach dem Erstkauf sein können. Ein anderes Beispiel sind Rückgewinnungskampagnen à la „Wir vermissen dich!“ in der Recovery-Phase. Andere Kampagnen können in unterschiedlichen Phasen vertreten sein – etwa der Kauf eines Angebotes aus einem allgemeinen Newsletter, sofern die Inhalte hier nicht phasenspezifisch ausgespielt werden.

Customer-Journeys im Vergleich zu Kampagnen

Während der Customer-Lifecycle ein übergeordnetes Framework darstellt, sind Kampagnen in der Regel kleinteiliger als Customer-Journeys. Eine Customer-Journey kann mit einer Kampagne zum Ziel führen, sich aber durchaus auch über mehrere Kampagnen und Touchpoints erstrecken.

Wie hat sich die Customer-Journey verändert?

Erst durch die relative Zunahme an digitalen Touchpoints hat sich die Customer-Journey von einem vagen zu einem messbaren und dadurch modellierbaren Konzept entwickelt. Drei wesentliche Entwicklungen lassen sich ausmachen:

  • Die zunehmende Digitalisierung brachte eine Vielzahl an digitalen und dadurch messbaren Kanälen und Touchpoints hervor.
  • In der heutigen Plattformökonomie sind der direkte Kundenzugang und Expertise im Umgang mit Bestandskundendaten kardinale Faktoren, um einer Margenverschiebung hin zu den Plattformen wie Amazon und Facebook entgegenzuwirken und sich auf diesen besser differenzieren zu können.
  • Hohe Kundenerwartungen erfordern kundenzentriertes Marketing und CRM.

Um direkten Kundenzugang aufzubauen und zu erhalten, müssen Unternehmen ihre proprietären Bestandskundendaten für ein kundenzentriertes und personalisiertes Marketing aktivieren. Ziel ist es, relevante und personalisierte Botschaften zum richtigen Zeitpunkt über den besten Kanal auszuspielen, um so den ROI der Gesamt-Journey positiv zu beeinflussen.

Customer-Journey-Modelle

Es gibt verschiedene Customer-Journey-Modelle. Traditionell werden Customer-Journeys in der Logik eines Marketing-Funnels gedacht – am bekanntesten ist hier sicherlich das AIDA-Modell und seine zahlreichen Derivate. Auch wenn der AIDA-Funnel nach über hundert Jahren durchaus noch seine Berechtigung hat und in der Praxis Nutzen stiftet, spiegelt er einige Aspekte moderner Customer-Journeys nicht wider.

Da viele Geschäftsmodelle von Wiederholungskäufen und damit einer starken Kundenbindung abhängig sind, um langfristig profitabel zu sein, stellt sich die Frage, wie es nach der Conversion weitergeht. Hier gibt es zwei grundsätzliche Optionen:

  • Loyalty: Kunden bleiben nach dem Kauf loyal und die Akquisitionslogik wird durch CRM-Maßnahmen ersetzt.
  • Re-Akquisition: Ist nach dem Kauf nicht genügend Markenbindung vorhanden, erhöht dies die Churn-Wahrscheinlichkeit beziehungsweise bestehende Kunden müssen quasi erneut akquiriert werden, da sie für den nächsten Kauf erneut andere Anbieter und Produkte in Erwägung ziehen. Dies wird vor allem durch die Sichtbarkeit der Konkurrenz im Kontext der Plattformen und ihrer Werbemöglichkeiten begünstigt.

McKinseys Consumer-Decision-Journey

McKinsey schlägt mit der Consumer-Decision-Journey ein Framework vor, dass diesen Faktoren Rechnung trägt:

  1. Initial Consideration Set: Konsumenten ziehen ein initiales Set an Marken beziehungsweise Produkten in Erwägung. Dies geschieht auf Basis der Markenwahrnehmung und der Sichtbarkeit der Produkte.
  2. Active Evaluation: Konsumenten ergänzen oder eliminieren Marken aus dem Consideration Set, während sie sich informieren und evaluieren, was sie brauchen und wollen.
  3. Moment of Purchase: Konsumenten entscheiden sich beim Kauf für eine Marke beziehungsweise ein Produkt.
  4. Postpurchase Experience: Nach dem Kauf eines Produktes oder Services bauen Kunden auf Basis der gemachten Erfahrungen mit dem Produkt oder Service Erwartungen auf, die die nächste Kaufentscheidung mit beeinflussen.

In diesem Framework ist das erste Ziel zwar die Conversion, jedoch kommt ein zweites und noch wichtigeres hinzu: Das Verkürzen der Decision-Journey durch den Loyalty-Loop. Das Ziel ist es also, die Markenbindung nach dem Kauf soweit zu stärken, dass bei erneuten Kaufentscheidungen im Idealfall keine anderen Marken mehr in Erwägung gezogen werden.

„Wenn die Verbraucher zum Zeitpunkt des Kaufs eine Entscheidung treffen, hat die Arbeit des Marketers gerade erst begonnen: Die Erfahrungen nach dem Kauf prägen ihre Meinung für jede weitere Entscheidung in der Kategorie, so dass die Journey ein fortlaufender Zyklus ist. Mehr als 60 Prozent der Verbraucher von Gesichtspflegeprodukten gehen zum Beispiel online, um nach dem Kauf weitere Nachforschungen anzustellen.“ – McKinsey

Die Erzeugung des Loyalty-Loop, also einer starken Kundenbindung, ist deutlich nachhaltiger und profitabler als die Re-Akquisition bestehender Kunden. Einerseits, weil CRM-Kanäle generell kosteneffizienter sind als die erneute Akquisition von Bestandskunden und andererseits, weil bestehende Kunden im Schnitt mehr und öfter kaufen als Neukunden.

Nach McKinsey lassen sich zwei Arten loyaler Kunden identifizieren: aktive und passive. Während aktive „Loyalists“ eine Marke oder ein Produkt aktiv empfehlen, bleiben die passiven lediglich aus Bequemlichkeit bei einer Marke. Das macht letztere empfänglich für die Konkurrenz und sie haben eine höhere Churn-Wahrscheinlichkeit. Doch die Gruppe der passiven Loyalists birgt auch ein Potenzial, sofern sie durch kundenzentrierte Maßnahmen zu aktiven Marken-Advokaten werden.

Modellierung der Customer-Journey

Um in der Decision-Journey zu gewinnen und Kunden idealerweise zu aktiven Loyalists zu machen, müssen Unternehmen im CRM auf individuelle Kundenerwartungen und -bedürfnisse eingehen. Wer seine Kunden besser kennt und personalisierte Kampagnen fahren kann, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Besonders in der Postpurchase-Phase ist die Aktivierung von First-Party-Daten essenziell, um Kunden kanalübergreifend konsistent mit relevanten Botschaften zu erreichen. Aber auch wenn Kunden re-akquiriert werden müssen, helfen First-Party-Daten, da bestehende Kunden gezielt auf Plattformen getargetet werden können und sich sogar statistisch ähnliche Profile für die Neukundengewinnung ansprechen lassen.

Ein mögliches Vorgehen bei der Planung und Umsetzung von Customer-Journeys ist die Identifikation von Touchpoints und Conversion-Zielen beziehungsweise das Mapping der entsprechenden Customer-Journeys anhand der Phasen des Customer-Lifecycles. Denn idealerweise sollten für alle Phasen des Kundenlebens die entsprechenden Customer-Journeys abgedeckt werden. Die bedeutet jedoch nicht, dass von einer umfassenden Customer-Journey über das gesamte Kundenleben auszugehen ist. Der Versuch, alles in einer Customer-Journey abzubilden, wird mehr Probleme als Nutzen stiften. Stattdessen ist eine Klaviatur an Customer-Journeys mit einer je Journey definierten Macro-Conversion in der Praxis sinnvoll.

Die Analyse der Touchpoints

Pro Phase des Customer-Lifecycles ist es sinnvoll, folgende Fragen zu beantworten:

  • Welche Touchpoints gibt es? Sowie pro Touchpoint:
    • Was ist die zugehörige Conversion?
    • Was sind die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden?
    • Inwiefern kann und sollte personalisiert werden?
    • Inwiefern kann und sollte automatisiert werden?
    • Welche Inhalte und Ressourcen werden benötigt?
    • Welche Daten werden gewonnen und benötigt?

Ob Upper oder Lower Funnel, durch jeden Berührungspunkt zwischen Marken und ihren Kunden lassen sich Kundendaten gewinnen – auch wenn sie in Aussagekraft und Nutzen variieren. Der Effekt von Out-of-Home- oder TV-Werbung ist oft nur durch einen relativen Uplift messbar und lässt sich allenfalls durch entsprechende Umfragen à la „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“ einzelnen Kunden zuordnen. Touchpoints über Drittanbieter wie beispielsweise bei Paid-Ads liefern schon mehr Details, doch ohne Login und Verknüpfung zu permanenten Kunden-IDs können kaum Rückschlüsse gezogen werden, die über ein Interesse oder eine Intention des potenziellen Kunden hinausgehen – ein detaillierter Kontext fehlt und Nutzer bleiben weitestgehend anonym. Anders sieht es mit den eigenen Kanälen und Touchpoints wie E-Mail, Push-Notifications oder dem Login-Bereich einer Website oder eines Shops aus. Hier können proprietäre First-Party-Daten generiert und genutzt werden, die dem Online-Verhalten von Kunden einen Kontext geben. Durch Profildaten und historische Kauf- und Verhaltensdaten kann in der Kundenkommunikation sehr genau auf die Charakteristika einzelner Kunden eingegangen werden.

Daten, Personalisierung und Automatisierung

Um auf individuelle Kundenbedürfnisse einzugehen und konsistente Customer-Journeys über alle Touchpoints und Kanäle hinweg zu gewährleisten, benötigt man zentralisierte und vereinheitlichte Kundendaten sowie eine echtzeitfähige Dateninfrastruktur. Customer-Data-Plattformen (CDPs) decken diese Anforderungen ab und ermöglichen so eine skalierbare Cross-Channel-Personalisierung. Diese kann folgende Dimensionen abdecken, wobei Aufwand und Nutzen gegeneinander abzuwägen sind:

  • Berücksichtigung individueller Präferenzen mit Blick auf Kanal, Frequenz und Timing
  • Empfehlungen auf Basis des vergangenen Verhaltens
  • Personalisierte Inhalte und Gestaltung der Werbemittel

Dabei sind sowohl Daten aus der Kundenhistorie als auch Echtzeitdaten über das aktuelle Nutzerverhalten mit einzubeziehen. Automatisierte Kampagnen, die auch durch aktuelle Nutzeraktivitäten getriggert werden können, stellen dabei die Skalierbarkeit der personalisierten Ansprache sicher.

Verbinden der Touchpoints zu Customer-Journeys

Um alle identifizierten Touchpoints im Kontext möglicher Customer-Journeys darzustellen, können Customer-Journey-Maps angefertigt werden. Eine Customer-Journey-Map ist eine visuelle Repräsentation der Touchpoints, die Kunden im Lauf der Customer-Journey bis zur Conversion durchlaufen können und beinhaltet in der Regel weitere Dimensionen, die beispielsweise Kundenbedürfnisse oder Emotionen berücksichtigen.

Mit Hilfe einer solchen Map lassen sich fehlende oder ausbaufähige Touchpoints identifizieren und optimieren. Der Prozess beginnt meist mit der Definition typischer Personas und Verhaltensmuster, um beispielhaft Customer-Journeys nachvollziehen und insbesondere kritische Touchpoints entdecken zu können. Auf dieser Basis lassen sich systematisch Verbesserungspotenziale identifizieren, umsetzen und testen.

Customer-Journey Map

Da die moderne Customer-Journey in aller Regel nicht linear verläuft, sondern eine Vielzahl an Touchpoints und Kanälen beinhaltet, ist eine datenbasierte Modellierung und Automatisierung essenziell, um dem individuellen Verhalten von Kunden gerecht zu werden. Einige CDP-Anbieter stellen deshalb entsprechende Features bereit, mit denen Customer-Journeys intuitiv mit einer visuellen Benutzeroberfläche geplant und personalisiert aufgesetzt werden können.

Optimierung der Customer-Journey

Die Analyse und Optimierung kanalübergreifende Customer-Journeys ist nicht trivial – besonders, weil die Komplexität mit jedem weiteren Kanal exponentiell steigt. In der Regel ist es sinnvoll, zunächst Kanäle und Touchpoints für sich und erst im Anschluss das Zusammenspiel zu optimieren. Doch in manchen Fällen ist es gerade eine bestimmte Synergie verschiedener Kanäle, die die gewünschten Performance-Verbesserungen herbeiführt. Im Allgemeinen gilt es also, viel zu testen. Dies kann datenbasiert geschehen, aber manchmal ist es auch ein Bauchgefühl oder eine Annahme, die zu den gewünschten Verbesserungen führt. Beim Testen ist es wichtig, im Idealfall nur eine Variable zu verändern und eine aussagekräftige Datenmenge mit signifikanten Ergebnissen zu erhalten. Werden zu viele Variablen gleichzeitig verändert, erschwert dies die Zuordnung der positiven oder negativen Effekte auf KPIs zur Testvariable. Zu kleine Datenmengen können die Ergebnisse verfälschen.

Während Engagement-KPIs oft kanalspezifisch sind, ist es bei der ROI-Betrachtung wichtig, diese auf die Gesamt-Journey auszurichten. Ausgereifte, datenbasierte Attributionsmodelle können hier helfen, jedoch ist eine kanalübergreifende Attribution sehr komplex und es gibt viele Fallstricke und potenzielle Fehlerquellen.

Fazit

Customer-Journeys kundenzentriert zu gestalten ist nicht trivial, aber heutzutage ein Muss für Marketer. Steigende Kundenerwartungen, die zunehmende Anzahl an Kanälen und Geräten sowie die steigende Bedeutung des direkten Kundenzugangs erfordern eine datenbasierte Modellierung und Personalisierung der Customer-Journey. Unternehmen, die ihren Nutzern und Kunden positive und nützliche Interaktionen und Kauferfahrungen bieten, werden ihren Marketing-ROI nachhaltig positiv beeinflussen und so ihr Überleben in der nicht mehr wegzudenkenden Plattformökonomie sicherstellen.

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